Montag, 16. Januar 2012

Bilder Update

Gibt neue Bilder! Bei Flickr hochladen dauert mit der schlechten Internetverbindung leider immer Jahre, deshalb kommen die Bilder eher schleppend. Aber reinschauen lohnt sich! Einfach mal im Sideboard auf "Meine Bilder" klicken oder noch easier einfach hier:
http://www.flickr.com/photos/66618560@N02/sets/
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Verfallsdatum irrelevant

„1500 rupees?“ sagte ich zögernd, mit einem kritischen Blick auf den Gegenstand in meinen Händen gerichtet. Nach einigen Sekunden legte ich diesen langsam aber bestimmt auf den Glastresen vor mir zurück. Ich befand mich in einem Antiquariat nahe der Mysore Art Gallery. Die Sonne stand hoch am Himmel und ich leckte mir den süßen Mango Tropfen aus dem Fruchtgetränk des Nachbarkiosks von den Lippen.
Ich setzte meinen wandernden Blick über die etlichen Antiquitäten jeglicher Größen in den Regalen fort. „Hana jastiyayithu. Nanage gutthu, kadime maadi!“, gab ich mit einem Blick auf den Gegenstand vor mir, den ich eben noch in den Händen hielt. Das Staunen welches sich auf dem Gesicht des Verkäufers breit machte war vergleichbar mit dem der CIA, nachdem sich ihre eigene Waffe gegen die Sowjets namens „Bin Laden“ plötzlich entschied gegen sie zu arbeiten. Es dauerte ungefähr 4 Minuten, da hatte ich den Preis auf 500 Rps runtergehandelt und dem Verkäufer stiegen kleine Dampfschwaden aus den Ohren. 500...ist es dir das wert? Seitdem ich für längere Zeit in Indien bin, fange ich an nur noch in Rupien zu denken anstatt in Euro. Mit 500 Rupien kann man gemessen den Lebenshaltungskosten schon eine Menge anfangen: 17 Mal zum Barbier gehen, 41 mal Masala Puri am Citybusstand bestellen, 15 Liter Cola kaufen, 9 Postkarten nach Hamburg verschicken, 160 Minibananen verspeisen und noch vieles mehr! Doch leider passiert es all zu schnell, dass man sich die Europreise ins Gedächtnis ruft und dann passiert so etwas: „7 Euro?, what the hell...I gonna take it!!
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Schon etwas weird, wenn ich mir vorstelle, was diese bösen Rupienkurse mit mir anstellen, dass ich heute wegen 10 Rupien (=14 Cent) die mir zu viel erscheinen lieber 2 km laufe, anstelle mich entspannt auf die Rückbank einer Rikshaw zu lümmeln.
Anyway, eingepackt, abgedampft und ab Richtung Mysore Market...ich hatte Hunger!
Auf dem Weg liefen wir durch eine kleine Nebenstraße am Citybusstand. Hier fanden sich auf der einen Seite Reihen von Copyshops, die sich durch die permanente Anwesenheit ihrer Konkurrenz geradezu überschlagen im Versuch dich in ihr Geschäft zu locken und auf der gegenüberliegenden Seite stapeln sich gebrannte DVDs von Spongebob bis Hostel 1+2 und noch einigen Hardcore Bollywood Pornos. Ok, letzteres stimmt leider nicht. Und dennoch sollte man beim Kauf dieser DVDs, bezüglich der Qualität, vorsichtig sein. Meistens hat man aber Glück und sie sind so billig, dass es egal ist, ob zwei von den vier Filmen auf einer DVD nicht funktionieren.
Wir hatten ein kleines Fastfood Restaurant am Citybusstand ins Auge gefasst. Klein aber fein. Extrem leckeres Essen für wenig Geld (wie oben erwähnt). Heute wollten wir was testen, was wir einige Straßen weiter an einem Straßenstand schon einmal probiert hatten. Gobi. Kleine Blumenkohlknollen in einer roten Soße mit reichlich Gewürzen. Und diese Soße war scharf. Sehr scharf. Wusste ich bis dahin noch nicht, aber ich sollte es einige Sekunden später erfahren. Wir standen also in dem kleinen Laden, dessen eine Wand zur Straße hin geöffnet ist, inmitten von Indern, hatten gerade mal genug Platz um uns wie ein Lamm am Dönerspieß zu drehen und warteten auf unser Essen. 3..2..1..Essen war da. Ein kleiner silberner Teller mit 10 roten Bällchen, die dich allesamt anstarrten und im Chor riefen: „Friss mich, friss mich!!“. Und ich fraß sie, eins nach dem anderen und merkte nach dem vierten langsam wie mir kleine Schweißperlen auf der Stirn standen.
„Alter sind deine auch so scharf wie meine?“, „No way, meine sind locker schärfer als deine!“, gaben wir mit einem fetten Grinsen auf dem Gesicht von uns und ich erinnerte mich an den Moment, wo ich mit Freunden auf der Reeperbahn in Hamburg war und wir die mit Gewissheit schärfste Currywurst Europas gegessen haben. Mein Kumpel stand damals über der Fahrrinne und meinte er fühle sich, als hätte sein Mund sich in die Quelle des Amazonas verwandelt, die ununterbrochen Speichel produziert.
Ich habe mich schon ziemlich an das indische Essen gewöhnt und trotzdem waren diese Gobis schärfer als damals die Currywurst. Ein gutes Gegenmittel bei scharfem Essen ist Slice, ein 100% fruchthaltiges Mangogetränk, welches für 10 Rupien im gleichen Laden angeboten wird. Zwei gegönnt und schon gings weiter. Die Sonne ging bald unter und das beste was man zu diesem Zeitpunkt machen kann, ist durch die umliegenden Straßen am Mysore Market zu schlendern.
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Melodisch klangen die Gesänge des Muezzin über die Dächer Mysores und die Sonnenstrahlen fraßen sich über die Marktstände, als würden sie versuchen sich an ihnen festzuklammern. Der gelegentliche Gestank von Urin und Abgasen mischte sich mit dem von fernorientalischen Kräutern und exotischen Früchten, die feinsäuberlich gestapelt auf mobilen Tischen dem Konsumenten angeboten wurden. An der einen Ecke saß ein Schuster in seiner Werkstatt, die kaum größer als eine Telefonzelle ist. An einer anderen Stelle saßen vier Männer vor ihrem Laden, da dieser hinter ihnen vollgestopft war mit alten Zeitungsstapeln, die gebraucht, für wenig Geld verkauft wurden.
Eine kleine Näherei, wo du dir für 30 Rupien ein gemeines Loch im Pullover flicken lassen kannst, ein Tätowierer, der auf einer Decke verschiedene Motive wie große Stempel ausgearbeitet, ausgebreitet hat (Hygiene lässt grüßen!), eine von der Feldarbeit gekennzeichnete Bauersfrau, die verschiedene, vorher nie gesehene Knollengewächse verkauft.
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In Indien musst du nicht lange suchen und du findest jemanden mit einem Laden, der sich um deine Anliegen kümmert. Sei es ob du irgendwelche bestimmten Lernmaterialen für den Unterricht brauchst oder dir einen feinen neuen Anzug schneidern lassen willst.
Hier findet man schnell irgendwelche kleinen, unkommerziellen Läden in denen du für billig alles bekommst, was du brauchst. Das lernt man schnell zu schätzen und ich hoffe ich werde mich noch einige Zeit von dir verführen lassen können, bevor ich versteinert vor der Kasse bei Mc Donalds stehe und überlege, ob mir der kleine Chickenburger für 1 Euro (65 Rupien) das Geld wirklich wert ist!... And then i will recognize: Yes it is!
What the hell I get sick of the veg food.
Mysore I love you cause you are so non-veg!
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Mittwoch, 16. November 2011

Vote for a better future!

http://www.sparktherise.com/projectdetail.php?pid=4751
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Freitag, 11. November 2011

On mission to educate school drop-outs

Schon etwas älter, aber trotzdem noch einmal rausgekramt:

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Dienstag, 18. Oktober 2011

So sing out loud!

„Kill switch engaged“ prangte in verschnörkelten Buchstaben auf dem T-Shirt meines Vordermannes. Er unterhielt sich angeregt mit einigen anderen Metallheads und spielte ab und an auf seiner Luftgitarre, wozu die Anderen synchronisch headbangten. Für diejenigen, die mit der Materie Metal nicht so bewandert sind: Beim Headbanging schleudert man seinen Kopf (ob lange oder kurze Haare ist egal, wobei bei langen Haaren der gewünschte Effekt des Schleuderns natürlich mehr zur Geltung kommt) in ekstatischer Bewegung zum Rhythmus nach vorne und nach ein paar Minuten gibt es einem ein Gefühl, als würden die Gehirnzellen durchgeschüttelt werden wie die körnige Füllung einer Marakas. Ich befand mich in einer bekannten Szenebar irgendwo in den Straßen von Mysore, die Bude war voll, die Leute angetrunken und in ihren Augen blitzte die pure Vorfreude auf das anstehende Ereignis. Was ich damals erleben sollte, hätte ich beim besten Willen nicht von Indien erwartet. Es sollte eine andere Art von Kulturschock für mich werden. Aber wie mir auch beim Orientation Camp schon immer wieder eingetrichtert wurde: Es gibt beide Seiten, man sollte sich seine Single- Story von Indien ganz schnell aus dem Gedächtnis streichen.
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So kam es also, dass zwei Tage vorher eine Geldgeberin nach Kaliyuva Mane kam, um einigen Freundinnen (eventuell zukünftige Spenderinnen) die Schule zu zeigen.
Robin und ich kamen mit ihr ins Gespräch und als sie erfuhr, dass wir Deutsche sind, war sie hellauf begeistert und lud uns prompt zu sich nach Hause zum Essen ein.
Es stellte sich nämlich heraus, dass ihr Sohn im Jahr 2012, dem Weltuntergangsjahr der Maja, für ein Ingenieurstudium nach München zieht und dieser sehr daran interessiert wäre, ein paar Deutsche kennen zu lernen. Und da wir schon aus Erfahrung wussten, dass man in Indien besser keine Einladungen ablehnt, egal ob es sich um einen einfachen Chai handelt oder um eine Hochzeitseinladung (wäre eh bescheuert die abzulehnen!), fragten wir nach ihrer Nummer um sie bei unserem nächsten Mysore Aufenthalt kontaktieren zu können.
Eine Sache, die einem in Indien frühzeitig auffällt ist, dass man sehr schnell von Leuten zu sich nach Hause eingeladen wird, auch wenn man sich gerade erst vor 10 Minuten kennen gelernt hat. In Deutschland wäre das wohl eher eine Seltenheit.
So waren wir beispielsweise am 02.09. kurzfristig beim Schuldirektor der Mysore Public School zum Lunch eingeladen, nachdem wir ihn einen Tag vorher beim Ganesha-Festival kennengelernt hatten.
Es war ca. 14 Uhr und der 10.09. als wir von Mrs. Bhat und ihrem Sohn Nahusa an der Mysore Art Gallery mit dem Auto abgeholt wurden. Robin war gerade dabei den gesamten flüssigen Inhalt einer Football großen Kokosnuss durch einen Strohhalm in seinen Magen zu saugen und ich versuchte unter großem Gestikulieren dem Kokosnuss Verkäufer klar zumachen, dass ich gerne seinen gesamten Vorrat an Strohhalmen kaufen würde (Kunstunterricht, versteht sich), als hinter uns ein Auto hupte. Wer schon einmal in Indien war wusste, dass uns das Hupen recht wenig interessierte. Es gehört in Indien zum Autofahren wie bei uns das Nutella zum Frühstück und wird zu jeder passenden Gelegenheit praktiziert (ob beim Überholen, Abbiegen oder als Warnsignal). Wer in indischen Großstädten eine Minute lang kein Autogehupe hört, sollte sich fragen, ob entweder sein Trommelfell schon zu viel Lärm abbekommen hat oder er/sie eventuell eine Ohrdusche benötigt.
In die beigen Lebenssitze gedrückt und von der Klimaanlage fast erschlagen fuhren wir durch die Wohlstandsviertel Mysores vorbei an prunkvollen Regierungsgebäuden und Häusern, die alle aussahen wie kleine Eigentumspaläste. Es fiel einem schnell auf, dass man die Familie Bhat in die obere Mittelschicht einordnen konnte. Es sollte sich später herausstellen, dass sie der Kaste der Brahmanen angehören.
Wir bogen in eine Auffahrt ein und vor uns tat sich ein großer, weißer Gebäudekomplex auf. Diese Bauten, die von außen aussahen wie eine große Hotelanlage,
ergaben das erste Projekt von Luxusappartements in Mysore und stellten sozusagen eine neue Versuchsreihe dar.
Dementsprechend wohlhabend war die Einrichtung der 7. Zimmerwohnung und der Ausblick aus dem 10 Stock auf den 100 m2 Pool im Innenhof gab mir den Rest.
Danach ließ ich mich auf die Ledercouch nieder und genoss meinen Chai, den mir Mrs. Bhat vor die Nase hielt. Er erinnerte mich wieder daran, dass ich eigentlich in Indien war. Nachdem Mr. Bhat und der andere Sohn Nishant sich zu uns gesetzt hatten, stellte sich schnell heraus, dass dieser, wie auch Robin, ein fanatischer Metal-Hörer war und eh wir uns versahen waren wir auf ein Konzert eben dieser Art eingeladen, welches noch am selben Abend stattfinden sollte. Als wären wir nicht schon genug überrumpelt gewesen, erfuhren wir, dass Bangalore und Mysore, mit einigen hundert Mitgliedern, die Hochburgen der Metal-Szene in Südindien sind und alle paar Wochen kleine Konzerte stattfinden.
Die Frage ist, wie kommt es dazu, dass diese westliche Musik in Indien so einen Anklang findet? Die Antwort liegt nicht gerade auf der Hand, aber ist logisch. Es gibt zwei angesagte Musikrichtungen in Indien: Auf der einen Seite die indische Bollywood Musik, die von dem Großteil der Inder gehört wird und das traditionelle Indien widerspiegelt. Dann sind da die Wohlstandsinder, die nach dem westlichen Lebensstandard streben und versuchen sich so gut es geht an diesen anzugleichen. Dabei bleibt die Musik nicht ausgeschlossen und da man für Youtube und Co. Internet braucht, sind es hauptsächlich die reichen Inder, die es sich leisten könne westliche Musik zu hören. Warum allerdings Metal und nicht zum Beispiel Hip Hop oder Pop so angesagt sind, bleibt mir bis jetzt ein Rätsel.
Ich stand also in einer Bar voller Metalheads, trank zum ersten Mal indisches Bier, welches nicht wirklich mit meiner Vorstellung von indischem Bier konform war (Kingfisher stammt noch aus Kolonialzeiten) und erfreute mich dem Anblick hübscher Inderinnen, die in ungefähr gleicher Anzahl wie Männer vorzufinden waren und (ich traute meine Augen nicht!) genauso wie die Männer, Bier tranken und sogar rauchten! Was ich bis dahin als unumgängliches Taboo für Frauen in Indien gehalten hatte, traf mich nun wiedermal vollkommen unerwartet. Eine Frau die in der Öffentlichkeit trinkt und raucht wird von der indischen Gesellschaft sofort als Flittchen angesehen. So dachte ich es jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt. Nun wusste ich es besser und es erfreute mich zu sehen, dass es selbst in Indien, wo die Frauen durch kulturelle, wie auch gesellschaftliche Normen so sehr eingeschränkt sind, eine emanzipiertere Generation von Inderinnen gibt. Wobei man dabei wieder zwischen Städtern und Dörflern distinguieren muss.
Ich muss gerade unwillkürlich an eine Situation zurückdenken, die in Bezug auf diese Thematik zeigt, dass selbst Männer unter gesellschaftlichen Normen leiden müssen.
Als sich Robin, mein Projektgenosse, vor einigen Tagen mit einem Jungen (17 Jahre) aus unserem Projekt unterhielt, lobte dieser ihn aufgrund seiner schönen langen Haare: „In Germany you have got the freedom of hair“, waren seine Worte. Es stellte sich nämlich heraus, dass er durch den Druck der Eltern, der Schule und generell der Gesellschaft dazu gezwungen ist seine Haare zu schneiden “so wie es jeder Inder tut“.
Das nur mal als kleines Beispiel der ernüchternden Alltagsrealität.
Doch widmen wir uns wieder dem Schauspiel welches sich um mich herum abspielte.
Die Ironie, welche sich vor mir auftat ließ mich schmunzelt: Diejenigen Inder, die das Privileg genossen im Schein des Wohlstands zu leben, und das taten die meisten Inder in dieser Bar, da war ich mir sicher (schließlich sollte ich in den nächsten Monaten noch genügend Schattenseiten in Indien zu Gesicht bekommen), sympathisierten mit der dunklen Seite der Metal Musik. Sorry an alle Metal Fans für diese vorurteilhafte Umschreibung. Vielmehr möchte ich zu dem Abend gar nicht mehr an Worten von mit geben, außer, dass das Highlight des Konzertes für mich war, als eine Band anfing Song 2 von Blur zu spielen und der ganze Pulk an Metalheads (me included) voll drauf abging.
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Dieser Abend war wahrscheinlich eines der ungewohntesten Ereignisse die ein Indienreisender erleben konnte und er wird mir auf ewig im Gedächtnis bleiben.
Wir schliefen ein paar Stunden später mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen und mit der Vorfreude auf ein uns sehr bekanntes Frühstück am nächsten Morgen ein. Was es geben würde? Natürlich nichts anderes als Toast mit Marmelade, Sandwiches und gepressten Orangensaft!
Na wenn das mal nicht sagenhafte Träume wurden.
Shubha ratri!
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Mittwoch, 7. September 2011

Ich schwimme...

...mit einem Strom aus zartbitter Schokolade und einem Schuss frischer Vollmilch, bewundere die bunten Gummibären- Bäume zu beiden Seiten an den Flussufern und stelle mir vor wie gebratene Hähnchenflügel in Schwärmen über meinen Kopf hinweggleiten. Nichts kann meine Euphorie in diesem Moment beeinflussen...
„Robin anna!...Fynn anna!...Chaaaaai!“
Ich schreckte hoch. Es vergingen einige Sekunden, bis ich mir klar wurde, dass um mich herum keine Nebelschwaden eines morgendlichen Flusslaufes durch das Zimmer krochen, sondern mich ausschließlich mein überaus effektives Moskitonetz umgab, welches mich nachts vor den Angriffen blutrünstiger Insekten schützt. Ich kämpfte mich aus meiner Schutzhülle und taumelte halb schlafend zur Tür. Kaum geöffnet, kroch mir der Duft süßlichen Tees in die Nase und zwei große Kulleraugen strahlten mich an, als würde es nichts besseres auf der Welt geben, als uns morgens um 7 Uhr Chai auf‘s Zimmer zu bringen. An diese morgendlichen Weckritualien noch nicht gänzlich gewöhnt, schlürfte ich meinen Chai, den es in unserer Gegend (oder vielleicht auch in ganz Indien?) nur in dieser einen Geschmacksrichtung zu geben scheint und von dem man auch nach täglichem konsumieren nicht genug bekommen konnte.
Für alle diejenigen, die sich zu Beginn des Beitrags gefragt haben, warum mein Zimmergenosse und ich bei einem Mädchen Namen genannt werden: „Anna“ ist ein kannadisches Wort und bedeutet „großer Bruder“.
Wir werden von allen Kindern in unserem Projekt auf diese Weise angesprochen.
Um euch ein bisschen über die Geschichte eben jenen Projektes aufzuklären, indem wir nun schon seit gut 2,5 Wochen untergebracht sind: „Kaliyuva Mane“ bedeutet „Haus des Lernens“ und ist der eigentliche Name der Alternativen Schule, welche ihre eigenen Regeln verfolgt und sich mit einer Walddorfschule vergleichen lässt. Mit dem Gedanken denjenigen Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen, die zum großen Teil auf anderen Schulen mit dem Lernpensum nicht mitkommen, von Zuhause keine finanzielle Unterstützung mehr erhalten, da die Eltern dem Alkohol erliegen oder einfach weil sie auf den anderen Schulen Unfug gebaut haben, bietet Kaliyuva Mane ihnen die Chance in einer ländlichen und öfters neuen Heimat durch kreatives Lernen und individuelle Förderung einen ansehnlichen Schulabschluss und den Rutsch in ein eigenständiges Leben zu schaffen. P1020801
„Divya Deppa“ ist eine registrierte, öffentliche und gemeinnützige Stiftung, die vor ca. 6 Jahren dieses Projekt in die Wege geleitet hat.
Die Schule bestand anfänglich nur aus einem Gebäude, aus dem in den folgenden Jahren, durch zahlreiche Spenden verschiedener Geldgeber, 6 Gebäudekomplexe geworden sind. Eines der Häuser bewohnt der Schulleiter zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn. Dann gibst noch drei miteinander verbundene Gebäude (unter meinen Bildern zu erkennen an der bunten Wandmalerei) in denen sich das Office, ein Computerraum, eine große Gemeinschaftshalle, eine kleine Bücherei und noch 2 Weitere Klassenzimmer befinden. Das Haus in dem auf einer Art Terrasse gemeinsam die Mahlzeiten eingenommen werden, ist zugleich das Schlafhaus der paar Kinder, die in der Schule wohnen, da sie entweder keine Eltern mehr haben, zu Hause instabile familiäre Verhältnisse herrschen, oder sie zu weit weg wohnen um jeden morgen zur Schule zu fahren. Robin und ich schlafen in einem, zweier aneinander liegenden Häuser die für die Lehrer und Freiwilligen gedacht sind. Mit uns bewohnen noch 3 einheimische Lehrerinnen und bis vor kurzem noch eine Lehrerin aus England die zwei Häuser. Außer den Schülern und Lehrern arbeiten noch ein Kuhhirte, zwei Köche und ein Van-Driver auf dem Schulgelände. Allerdings bekommt man fast jeden Tag neue unbekannte Besucher zu Gesicht die entweder potentielle Spender, ehemalige Freiwillige, Familienmitglieder der Kinder oder Freunde des Schulleiters sind.P1020527
Die rund 60 Schüler sind in 7 Lerngruppen je nach Alter und Wissensstand eingeteilt.
Von alt nach jung heißen diese: Vivek, Chaithanya, Chimnayi, Tejas, Pragna, Chiguru und Chillypilli‘s. Unser Arbeitsbereich beschränkt sich auf die Gruppen Chaithanya bis Chiguru, da sich die Vivek-Gruppe mitten in der Vorbereitungsphase auf ein wichtiges Examen im Frühjahr 2012 befindet und die Chillypilli‘s noch keinen richtigen Unterricht bekommen, sondern den Alltag eher spielerisch verbringen.
Ich habe mich dazu entschlossen den Kindern Kunstunterricht anzubieten, was einen erholsamen Ausgleich zu den anderen Fächern darstellt und ihre Kreativität und Kunstsinn anregen soll. Das „Anbieten“ muss man übrigens wortwörtlich nehmen, da es für kein Kind verpflichtend ist in Kaliyuva Mane am Unterricht teilzunehmen. Es ist jedem gestatten während der Stunden den Klassenraum zu verlassen, woran ich mich zu Anfang noch etwas gewöhnen musste.
Zu unseren weiteren Aufgabenbereichen gehören regelmäßige Garten- und Küchenarbeit, wobei wir auf der einen Seite durch Schweiß und Blut quadratförmige Gemüsebeete anlegen und auf der anderen Seite im Zweitagesrhythmus durch Fingerspitzengefühl das Frühstück für dutzende hungrige Mägen zubereiten.
Nach unseren täglichen Unterrichtsstunden bekommen wir von einer der Lehrerinnen eine Stunde Kannada beigebracht und wer einmal die kannadischen Schriftzeichen gesehen hat, weiß das diese Sprache zu lernen kein Zuckerschlecken ist. Eben so wenig einfach, wenn nicht geradezu nervig und mühselig, ist das Abtippen von Aufgabenzetteln für die Vivekgruppe am Computer. Die einzige Tätigkeit, um die man sich gerne mal drückt.
Geradezu begrüßend ist die Aufgabe, die wir vor ein paar Tagen von unserem Schulleiter, den hier alle nur „Brother“ nennen, bekommen haben: Er hat uns gefragt, ob wir das Kunstwerk an der Hauswand des Eingangsbereiches des Schulgeländes zu Ende malen wollen. Dieses wurde vor einigen Jahren von einer amerikanischen Freiwilligen angefangen und lässt sich bald im Sideboard unter dem Link „Meine Bilder“ begutachten.
Natürlich konnten wir nur bejahen, da es eine gute Möglichkeit darbot uns in gewisser Weise auf dem Schulgelände zu „verewigen“.
So mittlerweile wird mir der Beitrag auch etwas zu lang. Ich will ja, dass die Spannung erhalten bleibt. Deshalb mach ich Schluss für heute und widme mich wieder den Gummibären- Bäumen und Schokoladenfällen. Vorher noch kurz ne Kakerlake erschlagen, die Zähne mit Elmex sensitive sauber schrubben und dann geht es ab ins Schlaraffenland!
Shubha ratri!
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Samstag, 3. September 2011

A little impression from the Arrival camp ;)

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Donnerstag, 25. August 2011

Naana hesaru Fynn!

Das war zumindest der erste Satz in Kannada, den ich nach 2 Tagen Indien sagen konnte.
Es heißt soviel wie: Ich heiße Fynn! Naja weiß von euch ja schon jeder, aber ist sehr hilfreich, wenn man ein paar nette Inder/innen kennen lernt.
Und nett sind bis jetzt eigentlich alle Inder/innen, die ich in Bangalore, während des Orientation camps kennen gelernt habe.
Diese immense Gastfreundschaft, von der wir jeden Tag Zeuge wurden, würde bei so manchen Deutschen einiges an Schamgefühl hervorbringen. Leider durften wir während unseres Aufenthaltes nicht in die Stadt gehen, da wir uns erst eine „Permission to stay“ besorgen mussten. Dies taten wir am Dienstag (16.08) und es kostete uns ganze 7 Stunden bis wir die indische Bürokratie bezwungen hatten und jeder sein Zertifikat in der Hand hielt. Wir verbrachten unsere Zeit im Arrival camp mit einigen Kannada Kursen und an den Nachmittagen wurden uns „traditionel dance courses“ angeboten. Für die Hartgesottenen unter uns gab es jeden morgen um 6 Uhr eine Yoga-Session, nach der man sicher gehen konnte, sein Frühstück mit 100% Geistesabwesenheit einzunehmen. Auch wenn es einem vorkam, als würde man jede halbe Stunde Essen bekommen und bis oben hin mit Chai (indischer Tee) zugedröhnt werden, hatten wir doch auch Zeit uns gegenseitig besser kennen zulernen und so saß man öfters abends in gemütlicher Runde zusammen am Pool oder belagerte das Office um die Möglichkeit zu nutzen ins Internet zu gehen. Insgesamt waren wir ca. 30 Freiwillige, davon ein Österreicher, eine Kanadierin, eine Schottin, eine Taiwanerin aber der Großteil aus Deutschland. Auch wenn wir alle aus verschiedenen Teilen der Welt kamen, war wahrscheinlich für jeden die indische Küche eine ziemliche Neuheit und die Fülle an Geschmäckern (von ganz scharf bis ganz süß), die wir in diesen Paar Tagen gekostet haben, überwältigte die meisten von uns und einige leider auch so stark, dass sie dem Essen nicht lange Herr bleiben konnten. Aber auch diejenigen haben genug Zeit sich an die indische Küche zu gewöhnen.
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Bevor wir am 18.08 in unsere Projekte chauffiert wurden, hatten wir das Vergnügen in einem ansehnlichen Hotel in Bangalore bei einer Willkommenszeremonie und einem gemeinsamen Essen unsere Gastfamilie kennen zu lernen.
Es war für mich der Moment meines Aufenthaltes, wo ich gemerkt habe, wie lange ich eigentlich hier bleibe und dass es nun wirklich bald in die Projekte geht in denen wir für 12 Monate unterkommen würden.
Wieder im Arrival Camp- Hotel angekommen, stellte man sich darauf ein, die meisten der Freiwilligen erstmal für eine längere Zeit nicht wiederzusehen.
Merklich war, dass vielen noch gar nicht bewusst war, was sie in den nächsten Monaten erleben würden. Die meisten waren noch gar nicht richtig in Indien angekommen.
Was man ihnen auch nicht verübeln konnte, denn der Aufenthalt im Arrival Camp war für indische Verhältnisse schon ziemlicher Luxus gewesen. Das Leben in den Gastfamilien bzw. In den Projekten würde schließlich doch ein ganz anderes Gesicht haben. Aber dazu später mehr...
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Samstag, 13. August 2011

Here i will be from the 18th august...

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2020 mal gelesen

Manchmal ist die Zeit gekommen...

da weißte nicht wie du dich gerade fühlen sollst. Ok, du hast jetzt dein Visum (7 Uhr aufstehen hat sich dann doch gelohnt) und morgen geht es nach Indien...aber hey! Abschied nehmen ist halt doch schon schwer...und.. och nee packen?! Jetzt? Gar keine Lust! Naja musste durch, auch wenn es dann noch das Problemchen gibt, ob jetzt 20 kilo oder 30 erlaubt sind. Zum Glück war ich aber nicht der einzige, der um 2 Uhr noch wach war um zu packen. Also Problem schnell gelöst via fucking Facebook: 30 Kilo erlaubt + 8 Kilo Handgepäck. Das klinkt doch gar nicht schlecht und mit meinen 25 Kilo, die ich im Endeffekt zusammen bekommen habe, lag ich also noch im grünen Bereich.
So und jetzt mal pennen gehen, damit ich auch pünktlich um 5 Uhr wieder aufstehen kann, juchuu! Achja und ohne Schlaftablette läuft hier gar nichts. Danke Aufregung! tata
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FSJ in Indien

Moin User, mein Name ist Fynn und ich habe diesen Blog eingerichtet, da ich ab dem 10.August ein freiwilliges soziales Jahr in Indien machen werde und auf diesem Weg meine Eindrücke und Erlebnisse mit Euch teilen möchte.

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Mit dem Ende meines FSJ kommt auch der letzte Bericht...
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...mit einem Strom aus zartbitter Schokolade und einem...
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Why you should travel...
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Javaanse Jongens - 24. Jul, 06:01
Bergluft in der Lunge...
Ich erinnere mich noch an das Gefühl, als beide Hände...
Javaanse Jongens - 16. Jul, 19:17
Bilder Update
Es gibt neue Bilder zu bestaunen. Hineinsehen lohnt...
Javaanse Jongens - 13. Jul, 10:38
Kaliyuva Mane Kurzfilm
Da der Bericht über meine Reise nach wie vor in Arbeit...
Javaanse Jongens - 3. Jul, 16:25
On the road again!
Liebe Freunde, liebe Familie und liebe Leserschaft, ab...
Javaanse Jongens - 3. Mai, 07:52

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